37. Woche 2023

Liebe Schwestern und Brüder!

Ein sehr schwieriges Evangelium begleitet uns an diesem Sonntag. Es geht um die Frage: Wie gehe ich mit einem Menschen um, der gesündigt hat? Zunächst gibt uns das Evangelium augenscheinlich großartige Tipps, die jede und jeder von uns sicher direkt so unterschreiben würde und die ich genauso handhabe:

Bevor die große Welle geschlagen wird, erst einmal mit dem Menschen unter vier Augen sprechen, dann in der nächsten Deeskalationsstufe in einer kleinen Gruppe, dann in einer größeren Gemeinschaft, vielleicht auch unter Zuhilfenahme einer neutralen Moderation. Das Ziel ist immer die Versöhnung, das Sich-wieder-in-die Augen-sehen-Können.

Das Herausfordernde dieses Evangeliums liegt aber meiner Meinung nach in der Einleitung und im Ende. Es heißt: „Wenn dein Bruder gegen dich sündigt“. Eine Feststellung. Kein Infragestellen, ob es denn überhaupt eine Sünde ist und was eine Sünde ist. Was hat „mein Bruder“ denn getan und warum!? Alles beginnt mit einer Vorverurteilung!

Wer ist berechtigt, dieses Urteil ohne Anhörung zu sprechen? Gilt nicht zunächst die Unschuldsvermutung? Urteilt jedes Gegenüber, ein Richter oder eine Richterin, ein Priester, ein Gemeindemitglied? Auf alle Fälle scheint es so zu sein, dass das Urteil nicht hinterfragt wird, der Bruder sich nur noch rechtfertigen kann.

Im weiteren Verlauf wird diese Machtposition des Urteilenden noch schlimmer: Was ihr bindet, sei gebunden und was ihr löst, sei gelöst! Was die Kirche in vielen Jahrhunderten bis heute aus diesem Text gemacht hat, ist hinlänglich bekannt, und doch ist der Lösungsansatz sicherlich richtig: miteinander sprechen statt übereinander ist die Devise, aber ergebnisoffen. Nicht alles direkt an die große Glocke hängen, ohne über die Details genaue Kenntnis zu haben.

Aber wie kommen wir aus dem Dilemma dieses heutigen Evangeliums heraus? Ganz einfach! Der Apostel Paulus gibt uns in der zweiten Lesung bereits die Antwort: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes“.

Versuchen wir auch in der schwierigsten Konfliktsituation, und auch wenn wir schon ein inneres Urteil gefällt haben, unser Herz zu öffnen für die Nächstenliebe; dann haben wir eine Chance, alle zwischenmenschlichen Probleme auf Augenhöhe und ohne Gesichtsverlust zu lösen.

Versuchen wir dies immer und immer wieder.

Ich wünsche Ihnen und euch einen gesegneten Sonntag und eine gute Woche

Unterschrift Adam
Kay Adam, Diakon

 

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