Liebe Heilige,

Fühlen Sie sich mit dieser Anrede angesprochen, die Sie gerade die Wocheninfo zum Pfingstfest lesen? Der Apostel Paulus hatte kein Problem damit, seine Mitchristen als Heilige anzureden. Nicht etwa, weil die Christen damals ein so makelloses und beispielhaftes Leben geführt hätten, sondern weil sie im Sakrament der Taufe den Heiligen Geist empfangen hatten und damit in Gott geheiligt waren. In unserer Pfarrei leben etwa 20.000 katholisch getaufte Christen, 20.000 heiligen Frauen und Männer, Jugendliche und Kinder.

Wo die denn sind, fragen Sie? Natürlich mitten unter uns, Haus an Haus, Tür an Tür. Dafür kaum in unseren Sonntagsgottesdiensten. Landauf, landab ist es mit dem Gottesdienstbesuch und der Weitergabe des christlichen Glaubens nicht zum Besten bestellt. Vieles, was früher selbstverständlich war, ist weggebrochen, und die Tendenz ist eher fallend als steigend.

Diese Erfahrung hat auch eine katholische Pfarrgemeinde an der amerikanischen Ostküste gemacht. In Baltimore haben die Verantwortlichen quer gedacht und aus dem Evangelium heraus neue Schwerpunkte des pastoralen Handelns gesetzt. Diese haben die Auseinandersetzung mit dem eigenen Glauben und das Gemeindeleben ungemein positiv beeinflusst. Der wohlwollende Blick auf die vielen Getauften, die zwar nominell dazugehören, sich jedoch bislang nicht von der Pfarrgemeinde angesprochen fühlten, sowie eine besondere Betonung der Feier des Sonntags sind nur zwei Kernpunkte eines Konzeptes, das aus einer Gemeinde im Rückgang eine Gemeinde im Wachstum gemacht hat. In dem Buch „Rebuilt“ (= Wiederaufgebaut) erzählen der Pfarrer und der Pastoralreferent aus Baltimore diese Geschichte und laden zum Umdenken ein. Kein Rezeptbuch für deutsche Pfarrgemeinden, aber eine herausfordernde, zum Nachdenken anregende und durchaus amüsante Lektüre, die zeigt:

Der Heilige Geist macht das scheinbar Unmögliche möglich – und ich darf ergänzen: sicher nicht nur im Land der unbegrenzten Möglichkeiten!

Ich wünsche meinen Mitheiligen im Düsseldorfer Osten ein frohes und geisterfülltes Pfingstfest!

Ihr und euer

Oliver Boss, Pfarrer