4. Woche 2016

Liebe Schwestern und Brüder,

In der Altstadt von Nazareth ist es für Pilger höchst ungewohnt, wenn die Führer über den Alltag von Jesus reden. Wird Jesus als Kind nicht Nachlaufen und Verstecken gespielt haben mit den anderen Jungs des Viertels? Und in der Werkstatt seines Ziehvaters Joseph wird der Junge auch oft gewesen sein, herumgelungert oder auch hier und da mal mit angepackt haben. Dort haben ihn die Passanten und die Kunden gesehen, mit Joseph oder dem Jungen das ein oder andere Schwätzchen gehalten haben …: normaler Alltag in Nazareth City. Und – jüdischem Brauch folgend – ging es natürlich am Sabbat in die Synagoge. Mit 13 Jahren begehen die jüdischen Jungen ihr Fest der Bar Mitzwa, den Ritus der religiösen Mündigkeit. Dabei lesen sie erstmals vor der ganzen Gemeinde aus der Thorarolle, eine die fünf Bücher Mose umfassende Handschrift, das Allerheiligste der Synagoge. Vater und Großvater sind dann mächtig stolz auf ihren Nachwuchs, der damit als Vollmitglied zur Gemeinde gehört. Ein festliches Essen und Geschenke gehören zur Bar Mitzwa natürlich dazu. 

So ungefähr dürfen wir uns das öffentliche Auftreten Jesu in der Synagoge seiner Heimatstadt vorstellen. Nur heißt es von ihm: „Er lehrte in den Synagogen und wurde von allen gepriesen.“    (Lk 4, 15) In Nazareth las er den Propheten Jesaja mit seinen Messiasverheißungen, und da geschah eines Tages das Erstaunliche, ja zunächst alle Zuhörer Faszinierende, dass Jesus sich selbst offenbarte als der, der in seiner Person die Erfüllung der großen Erwartungen verkörpert: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“ (Lk 4, 21b) – Ja, wie, der Jesus aus der Altstadt, unser Jesus, der soll der Messias selbst sein? Das war kaum zu glauben. Staunen, Bewunderung, aber auch Wut und Zorn angesichts dieser Anmaßung machten sich Luft. – Und wir heute? Werden wir begreifen, dass Jesus, der Sohn Gottes, wirklich Mensch, einer von uns, geworden ist?

Werden wir annehmen können, dass er als Heiland und Erlöser auch heute an uns heilsam wirkt, gerade weil er ganz und gar auch einer von uns ist?

Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihnen

Ihr

Unterschrift Pater Robert
Pater Robert ofm

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